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UniPress—Zeitschrift der Universität Augsburg 1/2004, Seite 76-77


Ach, wär'n doch diese Frau'n nur Männer

Von Friederike Miehslekup, Universitätshauptarchivarin

Anlässlich des hundertjährigen Geburtstags der Universität Augsburg am 16. Oktober 2070 komme ich als Archivarin der Universität gerne der Bitte der Rektorin nach, einmal so genau wie möglich zusammenzustellen, wie es zu den Wegebenennungen auf unserem Campus kam. Seit sich der Anteil der weiblichen Studierenden auf einem hohen Niveau oberhalb der Zweidrittellinie eingependelt hat und die Universität deshalb aufgrund europäischer Richtlinien im Sommersemester 2063 einen Männerbeauftragten eingeführt hat, ist die Benennung der Campuswege nach berühmten Wissenschaftlerinnen und Dichterinnen ins Gerede gekommen. Dass sich die Wegebenennung aber nun gerade gegen die männliche Minderheit gerichtet hätte, ist aus den im Archiv vorhandenen Akten zweifellos und klar zu widerlegen. In der Frühphase der Universität waren nämlich nicht die Männer in der Minderheit, sondern die Frauen. Folglich gab es auch keinen Männerbeauftragten wie heute, sondern eine Frauenbeauftragte (abgeschafft 2037). Nachdem sich der Senat der Universität in den Jahren 1996 und 1997 wiederholt auf seinen Sitzungen mit der Frage beschäftigte, ob die bis dahin herrenlose Wege auf dem Campus zur besseren Orientierung mit Namen versehen werden sollten, kam es dann in der Senatssitzung vom 18. Februar 1998 zu einem Beschluss. Die Hauptwege sollten benannt werden nach Bettina von Arnim, Sophie von Laroche, Emilie Kempin, Marie Jahoda, Emmy Noether und Hertha Sponer. Wie damals üblich liegt aus dieser Sitzung nur ein Beschlussprotokoll vor, das über die vorausgegangene Aussprache nichts enthält. Aber man kann davon ausgehen, dass durch die im Univiertel damals schon präsenten männlichen Flugpioniere wie Professor Messerschmitt et al. die männliche Senatsmehrheit sich hinreichend verwirklicht sah, so dass sie sich nach der zweijährigen Vorlaufzeit zu einer männlichen Zustimmung durchrang. Im übrigen erging der Senatsbeschluss einstimmig, woraus man aber keine besonderen Schlüsse ziehen kann, denn in der damaligen Zeit beschloss der Senat immer alles einstimmig.

Wann genau die Wegebenennung dann vorgenommen wurde, ist aus den im Archiv vorhandenen Akten nicht mehr rekonstruierbar. Erst einmal geschah wohl nichts. Vorhanden ist noch ein Brief des Rektors vom 16. Dezember 1998 des Inhalts, dass aus dem Senatsbeschluss zur Wegebenennung zwar klar ersichtlich ist, wo nach Meinung des Senats die zu benennenden Wege anfangen, der Senatsbeschluss sei aber dahingehend unergiebig, wo die Wege enden. Die Universitätsleitung habe deshalb eine Arbeitsgruppe aus Fakultätsvertretern zum Vollzug des Senatsbeschlusses vom 18. Februar 1998 eingerichtet. Mit der Einsetzung der Arbeitsgruppe verlieren sich im Archiv die Spuren. Als Kuriosum sei vermerkt, dass sich auf dem rektoralen Brief eine Marginalglosse findet, mit der eine Leserin wohl ihr Mitgefühl mit den Namenspatroninnen zum Ausdruck bringen wollte:

Ich wollt', ich wär' ein Mann,
dann wär' es schon getan:
       Es gäb' ein Schild
       mit meinem Bild
und meinem Namen dran.

Ungefähr um das Jahr 2003 herum wurde dann der Vollzug des Senatsbeschlusses ganz konkret in Angriff genommen, offenbar in einem Dreistufenplan. Die erste Stufe war die Generalsanierung aller Wege, wohl um sie für die Benennung fit zu machen (siehe Foto). Es gibt vage Hinweise darauf, dass in der zweiten Stufe die Beleuchtungskörper ausgewechselt wurden, was wegen der damals zwingend vorgeschriebenen europaweiten Ausschreibung auch seine Zeit gedauert haben dürfte. Von daher ist davon auszugehen, dass als dritte und letzte Stufe um das Jahr 2008 herum - also etwa zehn Jahre nach dem einschlägigen Senatsbeschluss - die Namensschilder tatsächlich angebracht wurden. Angesichts dieser Mühen früherer Generationen ist es um so erfreulicher, mit welcher Selbstverständlichkeit sich heute Angehörige und Gäste der Universität an Hand der Wegenamen auf unserem Campus orientieren.

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